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Videoüberwachung zur Dokumentation von Ordnungswidrigkeiten

Die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zweck einer Anzeige und des Nachweises einer wahrgenommenen Ordnungswidrigkeit – unter anderem durch Beweisfotos oder Videoaufnahmen – gegenüber der jeweils zuständigen Behörde stellt regelmäßig keine ausschließlich persönliche oder familiäre Tätigkeit im Sinne von Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe c DSGVO (siehe auch Wann unterliegen Videoaufnahmen nicht dem Datenschutzrecht und der Datenschutzaufsicht (»Haushaltsausnahme«)?) dar und bedarf daher einer Rechtsgrundlage gemäß Artikel 6 Absatz 1 DSGVO. Der/Die Anzeigeerstatter/in ist insoweit, zum Beispiel bei der Erstellung einer Abbildung mit Personen oder personenbeziehbaren Informationen zum Beweis einer Verfehlung, Verantwortlicher im Sinne von Artikel 4 Nr. 7 DSGVO.

Die einschlägige Rechtsprechung differenzierte in dieser Frage bislang im Wesentlichen nach dem Interesse, das die anzeigende Privatperson verfolgt. In der Regel wurden Anzeigen von Gesetzesverstößen (inklusive Beweisfotos) dann als gerechtfertigt angesehen, wenn der/die Anzeigeerstatter/in von dem Gesetzesverstoß in seinen eigenen Rechten beeinträchtigt war, auch wenn durch sie zugleich in subjektive Rechte der/des Angezeigten eingegriffen bzw. deren/dessen persönliche Belange beeinträchtigt werden. In diesen Fällen wird die in der Anzeigeerstattung liegende Verarbeitung der Daten des Dritten als zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen (Anzeigeerstatter/in) erforderlich angesehen, weil dieser mit der Anzeige das legitime Ziel verfolgt, die Beeinträchtigung seiner Rechte zu beenden und den/die Verursacher/in von künftigen Rechtsbeeinträchtigungen abzuhalten. Der/Die Anzeigeerstatter/in kann sich dabei auf den Erlaubnistatbestand in Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f DSGVO beziehen.

Nicht ausreichend als Rechtfertigung ist beispielsweise das Fertigen von Fotografien oder Videoaufnahmen einer mutmaßlichen Ordnungswidrigkeit und deren Übersendung an die Verfolgungsbehörde zum Zweck des beabsichtigten Schutzes der öffentlichen Ordnung, ohne dass eigene Interessen des Aufnehmenden tangiert bzw. beeinträchtigt sind. Zu betonen ist, dass der/die Einzelne eben nicht Sachwalter/in öffentlicher Interessen ist.

Vereinzelt wird hingegen seitens öffentlicher Stellen, zum Teil ohne Differenzierung, immer noch davon ausgegangen, dass jedermann gegenüber Polizeibehörden bzw. dem Ordnungsamt Rechtsverstöße melden und dabei auch Fotografien oder Videoclips von Handlungen, etwa von unzulässig abgestellten Kraftfahrzeugen, anfertigen und dorthin übermitteln könne. Entscheidend ist nach Einschätzung der Sächsischen Datenschutz- und Transparenzbeauftragten aber, ob Anzeige und »Beweisfotos« des/der privaten Anzeigeerstatters/Anzeigeerstatterin zur Wahrung dessen/deren eigener berechtigten Interessen oder derjenigen eines Dritten erforderlich sind und die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, nicht überwiegen, vgl. den Wortlaut des Artikels 6 Absatz 1 Buchstabe f DSGVO. Das Verwaltungsgericht Ansbach hat in der Rechtssache AN 14 K 22.00468 und AN 14 K 21.01431 vom 2.11.2022 eine andere Auffassung vertreten. Eine höchstrichterliche Rechtsprechung in dieser Frage steht bislang noch aus.

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