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Dashcams und Fahrzeugüberwachung

Dashcams (oder Unfallkameras) sind kleine Videokameras, die an einem Kraftfahrzeug oder einem Zweirad, gegebenenfalls auch am Helm des Fahrers, befestigt sind und aus der Perspektive des Fahrers das Verkehrsgeschehen filmen. Die Kameras werden zu dem Zweck eingesetzt, Unfälle oder andere Vorfälle im Straßenverkehr aufzuzeichnen, um einen Unfallhergang dokumentieren und gegebenenfalls ein Verschulden des Unfallgegners nachweisen zu können.

Die für den Betrieb einer Dashcam einzig infrage kommende Zulässigkeitsvorschrift ist Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f DSGVO. Danach ist die Verarbeitung, mithin der Betrieb einer Dashcam einschließlich der Speicherung von Videoaufnahmen, nur dann zulässig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt.

Diese Voraussetzungen sind grundsätzlich nur bei anlassbedingten Aufzeichnungen, das heißt bei besonderen Verkehrssituationen (z. B. Unfällen) erfüllt. Um den Ablauf des betreffenden Geschehens auch in seiner Entstehung nachvollziehen zu können, ist ein gewisser – zunächst einmal anlassfreier – Vorlauf der Videoaufzeichnungen notwendig. Dafür sind aber regelmäßig ein bis drei Minuten vollkommen ausreichend. Ohne besondere Vorkommnisse dürfen also in aller Regel nicht mehr als maximal drei Minuten Videoaufzeichnungen auf der Speicherkarte einer Dashcam enthalten sein. Eine durch besondere Verkehrsereignisse gerechtfertigte längerfristige Speicherung (Überschreibschutz) kann durch manuelle Bedienhandlungen an der Dashcam selbst (Speichertaste), außergewöhnliche Fahrzeugbewegungen (G-Sensoren) oder für Gefahrensituationen typische Bedienhandlungen am Fahrzeug (Vollbremsung) ausgelöst werden.

Der Bundesgerichtshof hat diesbezüglich festgestellt (Urteil vom 15. Mai 2018, VI ZR 233/17), dass eine permanente anlasslose Aufzeichnung des gesamten Geschehens auf und entlang der Fahrstrecke zur Wahrnehmung von Beweissicherungsinteressen nicht erforderlich und damit nach den geltenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen unzulässig ist. Weder könne sie auf eine Einwilligung noch auf eine entsprechende Interessenabwägung gestützt werden. Es sei technisch möglich, eine kurze, anlassbezogene Aufzeichnung des unmittelbaren Unfallgeschehens zu gestalten, beispielsweise durch ein dauerndes Überschreiben der Aufzeichnungen in kurzen Abständen und Auslösen der dauerhaften Speicherung erst bei Kollision oder starker Verzögerung des Fahrzeuges.

Häufige Fragen

Ohne datenschutzrechtliche Relevanz sind Innenaufnahmen nur, soweit eventuelle Mitfahrer/innen zum familiären Umfeld der Fahrerin/des Fahrers gehören. In diesem Fall greift die sogenannte »Haushaltsausnahme«. Nicht zum Familienkreis zählende Mitfahrer/innen müssten ausdrücklich vorab in die Videoaufzeichnung einwilligen. Diesbezüglich ist der/die Fahrer/in in der Nachweispflicht.
Angesichts der damit verbundenen praktischen Schwierigkeiten sollten gegebenenfalls vorhandene Innenkameras in jedem Fall deaktiviert werden, zumal nicht ersichtlich ist, inwieweit derartige Aufnahmen zum Erreichen des verfolgten Zweckes – Beweissicherung bei Verkehrsvorkommnissen – geeignet und erforderlich sein sollen.

Die in Dashcams standardmäßig integrierten Mikrofone ermöglichen Aufnahmen der im oder aus dem Fahrzeug geführten Gespräche, insbesondere auch der über Freisprechanlage geführten Telefonate. Auch hier ist nicht ersichtlich, inwieweit derartige Aufnahmen zum Erreichen des verfolgten Zweckes – Beweissicherung bei Verkehrsvorkommnissen – beitragen und dementsprechend erforderlich sein sollen. Audioaufnahmen verstoßen damit regelmäßig gegen Datenschutzvorschriften und sind daher rechtswidrig.
Werden die Gesprächsteilnehmer nicht darauf hingewiesen, steht darüber hinaus der Straftatbestand des § 201 Absatz 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch im Raum, siehe hierzu auch Ist unrechtmäßige Videoüberwachung strafbar?.

Für eine gegebenenfalls eingesetzte Heckkamera gelten grundsätzlich die gleichen Voraussetzungen wie für eine Frontkamera.

Fest in das Fahrzeug integrierte Kameras unterstützen spezielle Fahrzeugfunktionen bzw. ermöglichen diese überhaupt erst (z. B. Verkehrszeichenerkennung, Rückfahrkamera, Spurhalteassistent). Dies erfolgt regelmäßig ohne Aufzeichnung; die damit gegebenenfalls verbundene Verarbeitung personenbezogener Daten ist daher über die Interessenabwägung des Artikels 6 Absatz 1 Buchstabe f DSGVO zu rechtfertigen.

Soweit entsprechende Kameras (wie beispielsweise beim Tesla) auch im Sinne einer Dashcam betrieben werden, gelten die oben beschriebenen Anforderungen.

Wird eine Dashcam im Parkmodus betrieben, sind an sie die gleichen rechtlichen Anforderungen wie bei einer stationären Kamera zu stellen.

Unkritisch ist demnach der Kamerabetrieb, wenn das Fahrzeug auf nichtöffentlichem, ausschließlich selbstgenutztem Gelände abgestellt wird, zum Beispiel in einer Garage oder einem Carport. Anders verhält es sich beim Einsatz auf öffentlichen Parkflächen, am Straßenrand oder auch in sonstigen durch Dritte nutzbaren Bereichen (z. B. Tiefgaragen in Mietobjekten). Dort ist der Betrieb der Dashcam unzulässig, da regelmäßig das Interesse der sich im Umfeld des Fahrzeugs bewegenden Personen (z. B. Passanten oder Mitmieter/innen), nicht von Privatpersonen grundlos videografiert zu werden, überwiegt.

In Analogie zum fahrenden Fahrzeug als Ausnahme vorstellbar wäre eine anlassgesteuerte Videoaufzeichnung über einen kurzen Zeitraum, wobei aber entsprechend hohe Anforderungen an den auslösenden Anlass zu stellen wären (z. B. unbefugt versuchte Fahrzeugöffnung). Solcherart (rechtskonforme) Umsetzungen des Parkmodus sind aber bislang nicht bekannt.

Gegen persönlich bzw. familiär motivierte Dashcam-Aufnahmen im Urlaub (z. B. bei landschaftlich reizvoller Streckenführung) oder bei Freizeitaktivitäten (z. B. Motorradausfahrten, Fahrradtouren) bestehen keine Einwände. Hier ist die Berufung auf die sogenannte »Haushaltsausnahme«, das heißt die Ausnahmeregelung des Artikels 2 Absatz 2 Buchstabe c DSGVO, möglich.

Die an Dashcams in Autos gestellten Anforderungen gelten grundsätzlich auch für durch Fahrrad- oder Motorradfahrer genutzte Helmkameras bzw. für an Fahrrädern oder Motorrädern anderweitig befestigte Kameras.

Es liegt auf der Hand, dass die Umsetzung der in Artikel 12ff. DSGVO geregelten Informationspflichten jedenfalls bei fahrenden Fahrzeugen erhebliche Schwierigkeiten bereitet.
Unabhängig von der Frage der Zulässigkeit des Dashcam-Betriebs wird diesbezüglich wohl regelmäßig formal von einem Datenschutzverstoß auszugehen sein. Bei parkenden Fahrzeugen hingegen dürften einer gesetzeskonformen Kennzeichnung, mithin also einer vollständigen Information nach Artikel 13 DSGVO, sicherlich keine maßgeblichen Einwände entgegengestellt werden können; gleichwohl stellt sich hier wie dargestellt zunächst die Frage der Zulässigkeit des Kamerabetriebs überhaupt und damit der praktischen Relevanz.

Auch wenn der Einsatz von Dashcams vorrangig auf die Beweissicherung im Straßenverkehr zielt, ist ihr Anwendungsbereich nicht darauf beschränkt. Das heißt, es gibt darüber hinaus auch andere Anwendungsgebiete, in denen die Datenschutzvorschriften entweder nicht greifen oder einem Einsatz nicht entgegenstehen. So kann eine Dashcam auch außerhalb des öffentlichen Verkehrsraumes oder für ausschließlich persönliche Zwecke eingesetzt werden. Mithin ist der Einsatz einer Dashcam nicht per se unzulässig, das heißt, ein generelles Einsatzverbot existiert nicht.
Inzwischen sind auch erste Typen am Markt, die den eingangs dargestellten Anforderungen an einen zulässigen Dashcam-Betrieb zur Beweissicherung im Straßenverkehr entsprechen und insoweit datenschutzkonform eingesetzt werden können.
 

Die Frage der zivil- bzw. strafrechtlichen Beweisverwertung ist strikt von der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit zu trennen.

Wenn Zivil- und Strafgerichte im Einzelfall mit Dashcams erstellte Videoaufzeichnungen als Beweismittel anerkennen, lassen sie regelmäßig die datenschutzrechtliche Zulässigkeit des Einsatzes der Dashcams offen und setzen sich allein mit der Frage auseinander, ob aus einer datenschutzrechtlichen Unzulässigkeit des Betriebs einer Dashcam ein sogenanntes Beweisverwertungsverbot im konkreten Zivil- oder Strafverfahren folgt. Die stattdessen mit der Frage der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit befassten Verwaltungsgerichte haben hingegen klargestellt, dass der Einsatz von Dashcams durch Private im öffentlichen Straßenverkehr datenschutzrechtswidrig ist.

In diesem Sinne ist auch das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 15. Mai 2018, VI ZR 233/17) zu verstehen.

Einerseits hat der BGH entschieden, dass Dashcam-Aufnahmen unter gewissen Voraussetzungen als Beweismittel bei Unfall-Prozessen verwertbar sind. Andererseits hat der BGH aber klar festgestellt, dass eine permanente anlasslose Aufzeichnung des gesamten Geschehens auf und entlang der Fahrstrecke zur Wahrnehmung von Beweissicherungsinteressen nicht erforderlich und damit nach den geltenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen unzulässig ist. Denn es sei technisch möglich, eine kurze, anlassbezogene Aufzeichnung des unmittelbaren Unfallgeschehens zu gestalten, beispielsweise durch ein dauerndes Überschreiben der Aufzeichnungen in kurzen Abständen und Auslösen der dauerhaften Speicherung erst bei Kollision oder starker Verzögerung des Fahrzeuges.

Wird also eine Dashcam eingesetzt, die diesen Anforderungen genügt, stehen ihrem Einsatz im Ergebnis auch keine datenschutzrechtlichen Bedenken entgegen.

Gegen Privatpersonen wurden in Sachsen bisher Bußgelder bis zu 1.000 Euro festgesetzt; bei gewerblicher Nutzung können diese auch deutlich höher ausfallen.

Diesbezügliche Ordnungswidrigkeitsverfahren richten sich regelmäßig gegen den/die Fahrer/in des betreffenden Fahrzeugs, nicht hingegen gegen den/die Fahrzeughalter/in, auch wenn diese/r die Dashcam installiert hat.

Bei Verstößen gegen die Datenschutz-Grundverordnung beträgt die Verjährung drei Jahre. Danach kann die Tat nicht mehr als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden.

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