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Polizeiliche Videoüberwachung im öffentlichen Bereich

Rechtsgrundlagen

Zur Abwehr von Gefahren sieht das Polizeirecht eine Reihe von Befugnissen vor, welche den Einsatz von Videotechnik im öffentlichen Raum zulassen.

Bild- und Tonaufzeichnungen in oder an gefährdeten Objekten

1. Die Videoüberwachung in öffentlichen Bereichen kann zum einen auf Grundlage des § 57 Abs. 3 Sächsisches Polizeivollzugsdienstgesetz (SächsPVDG) geschehen. Die Polizei ist gemäß § 57 Abs. 3 Nr. 1 SächsPVDG befugt, Bild- und Tonaufzeichnungen in oder an gefährdeten Objekten im Sinne des § 15 Abs. 1 Nummer 3 SächsPVDG anzufertigen, darunter fallen zum Beispiel öffentliche Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder Versorgungsanlagen.

Auf Grundlage von § 57 Abs. 3 Nr. 2 SächsPVDG dürfen zudem Aufnahmen von öffentlichen Straßen, Wegen oder Plätzen gemacht werden, wenn es sich dabei um einen Kriminalitätsschwerpunkt handelt, das heißt, wenn die Kriminalitätsbelastung dort nach polizeilich dokumentierten Tatsachen gegenüber der des übrigen Gemeindegebietes deutlich erhöht ist. Beispielfälle sind Plätze, auf denen es gehäuft zu Eigentumsdelikten und Tätlichkeiten kommt oder die einen Schwerpunkt des Handels mit Betäubungsmitteln bilden.

In beiden oben genannten Fallkonstellationen ist Voraussetzung, dass Anhaltspunkte dafür bestehen, dass an den betroffenen Stellen auch künftig Straftaten begangen werden, durch die Personen oder Sach- oder Vermögenswerte gefährdet werden.

Die im Rahmen der Bild- und Tonaufzeichnungen erhobenen Daten dürfen ausschließlich zu bestimmten Zwecken, wie zur Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten sowie zum Schutz privater Rechte, weiterverwendet werden. Sie sind gemäß § 57 Abs. 10 SächsPVDG spätestens nach einem Monat wieder zu löschen, soweit sie nicht zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, zur Geltendmachung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen oder zum Schutz privater Rechte erforderlich sind.

Entfallen die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Videoüberwachung, zum Beispiel, weil im überwachten Bereich keine Straftaten mehr begangen werden oder zu erwarten sind, ist die Überwachung zu beenden.

Aufnahmen zum Schutz vor einer Gefahr für Leib und Leben (Bodycams)

2. Rechtsgrundlage für den sehr begrenzten Einsatz von Videotechnik in öffentlich zugänglichen Bereichen kann zudem § 57 Abs. 4 SächsPVDG sein, wonach die Polizei Bild- und Tonaufnahmen anfertigen kann, wenn dies mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zum Schutz vor einer Gefahr für Leib und Leben erforderlich ist. Die Vorschrift erfasst den Betrieb von sogenannten Bodycams, kleinen Kameras also, die von den Beamtinnen und Beamten am Körper getragen werden und den konkreten Polizeieinsatz dokumentieren.

Die Daten dürfen nur offen erhoben werden, und der Einsatz technischer Mittel ist in besonderer Weise nach außen hin kenntlich zu machen.

Die Aufzeichnungen werden gemäß § 57 Abs. 7 Satz 3 SächsPVDG nach Ablauf von 30 Tagen automatisch gelöscht, wenn sie nicht zur Verfolgung von Straftaten oder zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme oder der Aufnahme selbst benötigt werden.

Personen, welche von einer Aufzeichnung betroffen sind, können gemäß § 57 Abs. 7 Satz 4 SächsPVDG auf Antrag Einsicht in die Aufzeichnung nehmen. Die Einsichtnahme ist beschränkt auf Aufzeichnungen, die den Antragsteller betreffen.

Findet an einem Ort, der als Kriminalitätsschwerpunkt überwacht wird, eine vom Grundrecht der Versammlungsfreiheit geschützte Demonstration statt, ist die Überwachung für diesen Zeitraum zu unterbrechen. Bild- und Tonaufnahmen darf die Polizei dann nur unter den Voraussetzungen von § 20 Abs. 1 SächsVersG fertigen. 

Siehe auch: »Einsatz von Bodycams bei der sächsischen Polizei«
(in: Tätigkeitsbericht 2020, 8.2, Seite 166f.)

Biometrischer Bildabgleich

3. In besonderen Fällen kann die Videoüberwachung öffentlichen Raums in Verbindung mit einem automatisierten, biometrischen Bildabgleich auf Grundlage des § 59 Abs. 1 SächsPVDG erfolgen. Die Befugnis des § 59 Abs. 1 SächsPVDG kommt in Betracht an Straßenabschnitten im Grenzgebiet zur Republik Polen und zur Tschechischen Republik bis zu einer Tiefe von 30 Kilometern, die von herausgehobener Bedeutung für die grenzüberschreitende Kriminalität sind. Ein Straßenabschnitt hat eine herausgehobene Bedeutung für grenzüberschreitende Kriminalität, wenn er regelmäßig Begehungsort schwerer Straftaten ist oder für die Verbringung von Sach- oder Vermögenswerten aus diesen Straftaten genutzt wird.

Nach der Vorschrift kann die Polizei zur Verhütung grenzüberschreitender Kriminalität Bilder (einschließlich hochauflösender Aufnahmen der Insassen von Fahrzeugen) des Verkehrs auf öffentlichen Straßen erheben sowie Informationen über Ort, Zeit und Verkehrsrichtung der Nutzung erfassen, um diese automatisiert mit anderen personenbezogenen Daten abzugleichen.

Bei dem automatisierten Abgleich kommen biometrische Verfahren zum Einsatz (Gesichtserkennungssoftware). Ein Abgleich darf allerdings nur mit personenbezogenen Daten konkret bestimmter Personen erfolgen, die zur Verhütung der oben erwähnten bestimmten schweren Straftaten zur polizeilichen Beobachtung ausgeschrieben sind und die vor dem Start der Überwachung des Straßenverkehrs festgelegt wurden.

Die erhobenen Daten sind gemäß § 59 Abs. 2 Satz 2 SächsPVDG spätestens nach 96 Stunden automatisiert zu löschen, soweit sich nicht bei dem automatisierten Abgleich eine Übereinstimmung ergab und die Daten zur Verhütung oder Verfolgung der bestimmten schweren Straftaten im Sinne der Anwendungsvoraussetzung erforderlich sind.

Siehe auch: »Gesichtserkennung nach neuem Polizeirecht«
(in: Tätigkeitsbericht 2019, 8.2, Seite 142ff.)

Videokameras zur Aufklärung von Straftaten

4. Der Einsatz stationärer Videokameras in öffentlichen Bereichen, insbesondere im Grenzbereich, wird im Einzelfall auch auf die Vorschrift des § 163f Strafprozessordnung (StPO) gestützt. Nach dieser Rechtsgrundlage darf die Polizei in Fällen von Straftaten erheblicher Bedeutung Kameras nutzen, wenn die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Täters auf andere Weise erheblich weniger Erfolg versprechend oder wesentlich erschwert wäre.

Diese Form der Videoüberwachung darf allerdings nur im konkreten Einzelfall und nur auf Anordnung eines Richters bzw. einer Richterin zur Anwendung kommen. Eine solche Anordnung ist gemäß § 163f Abs. 3 Satz 3 in Verbindung mit § 100e Abs. 1 Satz 4 StPO auf höchstens drei Monate befristet (nur in Ausnahmefällen ist eine Verlängerung um bis zu weitere drei Monate zulässig).

Eine solche Überwachung auf strafprozessualer Grundlage aus Anlass eines konkreten Ermittlungsverfahrens ist datenschutzrechtlich problematisch, weil ganz überwiegend – tatsächlich nahezu ausschließlich – Bilder von völlig unbeteiligten Personen gefertigt werden, die keinerlei Anlass für ein polizeiliches Tätigwerden gegeben haben und für das Ermittlungsverfahren ohne Bedeutung sind.

Häufige Fragen zur Videoüberwachung durch die Polizei im öffentlichen Bereich

Unter bestimmten Voraussetzungen darf die Polizei im Rahmen der Gefahrenabwehr mithilfe von Videotechnik öffentliche Bereiche überwachen. Eine Videoüberwachung kann dabei auf unterschiedliche Rechtsgrundlagen gestützt sein: 

  • in oder an sogenannten gefährdeten Objekten (z. B. öffentliche Verkehrsmittel) zur Abwehr von Straftaten gemäß § 57 Abs. 3 Nr. 1 SächsPVDG;  
  • an Kriminalitätsschwerpunkten zur Abwehr von Straftaten gemäß § 57 Abs. 3 Nr. 2 SächsPVDG; 
  • in öffentlich zugänglichen Bereichen zum Schutz von Leib und Leben gemäß § 57 Abs. 4 SächsPVDG (Bodycams); 
  • an Straßenabschnitten im Grenzgebiet zur Republik Polen und zur Tschechischen Republik zur Verhütung schwerer, grenzüberschreitender Kriminalität gemäß § 59 Abs. 1 SächsPVDG (mit automatisiertem Gesichtsbildabgleich); 
  • zur Ermittlung im Strafverfahren bei Straftaten von erheblicher Bedeutung gemäß § 163f Abs. 1 StPO auf Anordnung einer Richterin oder eines Richters.

Der Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen erfolgt grundsätzlich offen. Der verdeckte Einsatz von Kameras oder Mikrofonen ist in den oben genannten Fällen gesetzlich nicht vorgesehen. 

Der Einsatz biometrischer Verfahren ist in den meisten Fällen gesetzlich nicht vorgesehen. Ausschließlich bei einer Überwachung des öffentlichen Verkehrs im Grenzgebiet zur Republik Polen und zur Tschechischen Republik zur Verhütung schwerer, grenzüberschreitender Kriminalität nach § 59 Abs. 1 SächsPVDG ist der Einsatz zulässig (§ 59 Abs. 2 SächsPVDG).

Im Rahmen der Strafverfolgung kann im Einzelfall ein auf biometrische Verfahren gestützter Abgleich von erhobenem Bildmaterial mit bereits vorhandenen Lichtbildern zulässig sein.

Die Verarbeitung von personenbezogenen Daten, die im Rahmen einer polizeilichen Videoüberwachung gewonnen wurden, dürfen ausschließlich zu gesetzlich festgelegten Zwecken weiterverarbeitet werden. 

Wurden personenbezogene Daten im Rahmen einer Videoüberwachung nach einer der Grundlagen des § 57 SächsPVDG erhoben (§ 57 Abs. 3 Nr. 1: in oder an gefährdeten Objekten, § 57 Abs. 3 Nr. 2: an Kriminalitätsschwerpunkten, § 57 Abs. 4: in öffentlich zugänglichen Bereichen zum Schutz von Leib und Leben), dürfen diese Daten gemäß § 57 Abs. 10 SächsPVDG ausschließlich zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, zur Geltendmachung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen oder zum Schutz privater Rechte – insbesondere beim Mangel von Beweisen – weiterverarbeitet werden. 

Personenbezogene Daten, welche im Rahmen einer Videoüberwachung des Verkehrs im Grenzgebiet zur Republik Polen und zur Tschechischen Republik zur Verhütung schwerer, grenzüberschreitender Kriminalität nach § 59 Abs. 1 SächsPVDG erhoben wurden, dürfen nur weiterverarbeitet werden, sofern sich bei dem automatisierten Abgleich eine Übereinstimmung ergab und die Daten zur Verhütung oder Verfolgung der in § 59 Abs. 1 Satz 1 SächsPVDG genannten schweren Straftaten erforderlich sind. 

In Fällen einer Videoüberwachung öffentlicher Bereiche aufgrund schwerer Straftaten gemäß § 163f StPO dürfen die erhobenen personenbezogenen Daten nur zu bestimmten Zwecken, darunter zur Gefahrenabwehr, zur Aufklärung von Straftaten sowie zu Beweiszwecken im Strafverfahren, weiterverwendet werden.

Wann Daten, die während einer Videoüberwachung von öffentlichen Bereichen gewonnen wurden, wieder zu löschen sind, ist abhängig von der jeweiligen gesetzlichen Grundlage, auf die die Videoüberwachung gestützt ist. Die im Rahmen der Videoüberwachung von gefährdeten Objekten und Kriminalitätsschwerpunkten (Videoüberwachung nach § 57 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 SächsPVDG) erhobenen Daten sind gemäß § 57 Abs. 10 SächsPVDG spätestens nach einem Monat wieder zu löschen, soweit sie nicht zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, zur Geltendmachung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen oder zum Schutz privater Rechte erforderlich sind.

Videoaufzeichnungen von Bodycams sind gemäß § 57 Abs. 7 Satz 3 SächsPVDG nach Ablauf von 30 Tagen automatisch zu löschen, soweit sie nicht zur Verfolgung von Straftaten oder zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme oder der Aufnahme selbst benötigt werden.

Wurden Daten im Rahmen einer Videoüberwachung des Verkehrs im Grenzgebiet zur Republik Polen und zur Tschechischen Republik zur Verhütung schwerer, grenzüberschreitender Kriminalität nach § 59 Abs. 1 SächsPVDG erhoben, sind diese Daten spätestens nach 96 Stunden automatisiert zu löschen, soweit sich nicht bei dem automatisierten Abgleich eine Übereinstimmung ergab und die Daten zur Verhütung oder Verfolgung der bestimmten schweren Straftaten im Sinne des § 59 Abs. 1 Satz 1 SächsPVDG erforderlich sind.

In Fällen einer Videoüberwachung öffentlicher Bereiche aufgrund schwerer Straftaten gemäß § 163f StPO sind die erhobenen personenbezogenen Daten zu löschen, soweit sie nicht mehr für die vorgeschriebenen Zwecke im Strafverfahren erforderlich sind. Weil in erster Linie Daten unbeteiligter Personen erfasst werden, trifft die Polizei bzw. die Staatsanwaltschaft eine besondere Pflicht zur Prüfung der Erforderlichkeit der Daten für die weitere Aufgabenerfüllung. Nicht verfahrensrelevante Daten sind umgehend zu löschen, auch wenn das Verfahren noch nicht abgeschlossen ist (§ 75 Abs. 2 BDSG, § 14 Abs. 2 SächsDSUG).

Betroffene Personen können grundsätzlich gemäß § 92 Abs. 2 SächsPVDG in Verbindung mit § 13 Sächsisches Datenschutz-Umsetzungsgesetz (SächsDSUG) einen Antrag auf Auskunft über die sie betreffende Verarbeitung personenbezogener Daten an die Polizei richten. 

Die Polizei ist allerdings nicht verpflichtet, personenbezogene Daten zu erheben, um einen Auskunftsanspruch erfüllen zu können. Das heißt, dass eine Auskunft grundsätzlich nur dann erfolgt, wenn die Person, die Auskunft verlangt, aufgrund bereits vorhandener Informationen eindeutig einer Bild- und/oder Tonaufnahme zugeordnet werden kann.

Ferner besteht für den Fall, dass Polizeibeamte Bild- oder Tonaufzeichnungen mit einer sogenannten Bodycam anfertigen, eine Mitteilungspflicht der Polizei gegenüber der von der Aufzeichnung betroffenen Person. Personen, welche von einer Aufzeichnung betroffen sind, können gemäß § 57 Abs. 7 Satz 4 SächsPVDG auf Antrag Einsicht in die Aufzeichnung nehmen. 

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