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Polizeiliche Videoüberwachung im öffentlichen Bereich

Rechtsgrundlagen

Zur Abwehr von Gefahren sieht das Polizeirecht eine Reihe von Befugnissen vor, welche den Einsatz von Videotechnik im öffentlichen Raum zulassen.

Die Vorschriften sind technikoffen formuliert (»technische Mittel«), das Gesetz bestimmt also nicht, welche Art von Technik für Bild- und/oder Tonaufnahmen eingesetzt werden darf. Damit werden, abgesehen von den gesetzlich normierten Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für Bildaufnahmen, auch keine Vorgaben zur Art des Einsatzes der technischen Mittel gemacht. In Betracht kommt in der Praxis der Einsatz von fest installierten Kameras, von Hand- oder Mastkameras, aber auch von Kameras, die aus Hubschraubern oder an Drohnen befestigt Bilder aufnehmen.

Bildaufnahmen des öffentlich zugänglichen Raums im Bereich der Gefahrenabwehr (siehe unten) dürfen nur »offen« gefertigt werden, das heißt, es muss für Personen, die den Aufnahmebereich der Kameras betreten oder sich dort aufhalten, möglich sein zu erkennen, dass die Polizei Videoüberwachung betreibt. Hierfür hat die Polizei die notwendigen Vorkehrungen zu treffen. Je weiter die Aufnahmetechnik von den betroffenen Personen entfernt ist und je schwieriger es dadurch möglich wird, die Kamera und ihre polizeiliche Nutzung direkt zu erkennen, desto größer wird der Aufwand, den die Polizei betreiben muss, um die betroffenen Personen auf die Überwachung hinzuweisen und damit die Fertigung von Bildaufnahmen gesetzeskonform »offen« zu gestalten.

Bild- und Tonaufzeichnungen in oder an gefährdeten Objekten

Die Videoüberwachung in öffentlichen Bereichen kann zum einen auf Grundlage des § 57 Absatz 3 Sächsisches Polizeivollzugsdienstgesetz (SächsPVDG) geschehen.

Die Polizei ist gemäß § 57 Absatz 3 Nr. 1 SächsPVDG befugt, Bild- und Tonaufzeichnungen in oder an gefährdeten Objekten im Sinne des § 15 Absatz 1 Nr. 3 SächsPVDG anzufertigen, darunter fallen zum Beispiel öffentliche Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder Versorgungsanlagen.

Auf Grundlage von § 57 Absatz 3 Nr. 2 SächsPVDG dürfen zudem Aufnahmen von öffentlichen Straßen, Wegen oder Plätzen gemacht werden, wenn es sich dabei um einen Kriminalitätsschwerpunkt handelt, das heißt, wenn die Kriminalitätsbelastung dort nach polizeilich dokumentierten Tatsachen gegenüber der des übrigen Gemeindegebietes deutlich erhöht ist. Beispielfälle sind Plätze, auf denen es gehäuft zu Eigentumsdelikten und Tätlichkeiten kommt oder die einen Schwerpunkt des Handels mit Betäubungsmitteln bilden.

In beiden oben genannten Fallkonstellationen ist Voraussetzung, dass Anhaltspunkte dafür bestehen, dass an den betroffenen Stellen auch künftig Straftaten begangen werden, durch die Personen oder Sach- oder Vermögenswerte gefährdet werden.

Der Umstand der Videoüberwachung wird in Fällen des § 57 Absatz 3 SächsPVDG in aller Regel durch gut erkennbare Hinweisschilder offenbart. Diese sollten bereits an den Grenzen des Aufnahmebereichs der Kameras angebracht sein und Passanten Kenntnis von der Überwachung geben, bevor sie von den Kameras erfasst werden.

Findet an einem Ort, der als Kriminalitätsschwerpunkt überwacht wird, eine vom Grundrecht der Versammlungsfreiheit geschützte Demonstration statt, ist die Überwachung für diesen Zeitraum zu unterbrechen. Bild- und Tonaufnahmen darf die Polizei dann nur unter den Voraussetzungen von § 20 Absatz 1 SächsVersG fertigen.

Die im Rahmen der Bild- und Tonaufzeichnungen erhobenen Daten dürfen ausschließlich zu bestimmten Zwecken, wie zur Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten sowie zum Schutz privater Rechte, weiterverwendet werden. Sie sind gemäß § 57 Absatz 10 SächsPVDG spätestens nach einem Monat wieder zu löschen, soweit sie nicht zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, zur Geltendmachung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen oder zum Schutz privater Rechte erforderlich sind.

Entfallen die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Videoüberwachung, zum Beispiel, weil im überwachten Bereich keine Straftaten mehr begangen werden oder zu erwarten sind, ist die Überwachung zu beenden.

Aufnahmen zum Schutz vor einer Gefahr für Leib und Leben (Bodycams)

Rechtsgrundlage für den sehr begrenzten Einsatz von Videotechnik in öffentlich zugänglichen Bereichen kann zudem § 57 Absatz 4 SächsPVDG sein, wonach die Polizei Bild- und Tonaufnahmen anfertigen kann, wenn dies mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zum Schutz vor einer Gefahr für Leib und Leben erforderlich ist. Die Vorschrift erfasst den Betrieb von sogenannten Bodycams, kleinen Kameras also, die von den Beamtinnen und Beamten am Körper getragen werden und den konkreten Polizeieinsatz dokumentieren. Solche Kameras erfassen naturgemäß einen viel kleineren Bereich als zum Beispiel erhöht installierte Kameras zur Überwachung von Kriminalitätsschwerpunkten (siehe oben).

Die Daten dürfen nur offen erhoben werden, und der Einsatz technischer Mittel ist in besonderer Weise nach außen hin kenntlich zu machen.

Die Aufzeichnungen werden gemäß § 57 Absatz 7 Satz 3 SächsPVDG nach Ablauf von 30 Tagen automatisch gelöscht, wenn sie nicht zur Verfolgung von Straftaten oder zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme oder der Aufnahme selbst benötigt werden.

Personen, welche von einer Aufzeichnung betroffen sind, können gemäß § 57 Absatz 7 Satz 4 SächsPVDG auf Antrag Einsicht in die Aufzeichnung nehmen. Die Einsichtnahme ist beschränkt auf Aufzeichnungen, die den Antragsteller betreffen.

Siehe auch: »Einsatz von Bodycams bei der sächsischen Polizei« (in: Tätigkeitsbericht 2020, 8.2, Seite 166f.)

Videoüberwachung bei öffentlichen Veranstaltungen oder Ansammlungen

Öffentliche Veranstaltungen und Ansammlungen im Freien, die keine Versammlungen im Sinne des Sächsischen Versammlungsgesetzes sind, darf die Polizei unter bestimmten Voraussetzungen mittels Videotechnik beobachten. Hierunter zählen etwa Festivals, Stadtfeste, Sportereignisse (insbesondere Fußballspiele).

Bei einer abstrakten Gefahrenlage ist die Polizei nach § 57 Absatz 1 Satz 1 SächsPVDG befugt, Übersichtsbilder zu fertigen und zu übertragen, wenn und soweit dies wegen der Größe der Veranstaltung oder Ansammlung oder der Unübersichtlichkeit der Lage zur Lenkung und Leitung eines Polizeieinsatzes im Einzelfall erforderlich ist. Wegen dieser engen Zweckbestimmung verbietet das Gesetz allerdings die Aufzeichnung der Bilder; ebenso wenig dürfen aus diesen Bildern Personen identifiziert werden.

In der Regel werden Übersichtsbilder von erhöhten Kamerastandorten aus übertragen, um einen Überblick über das Geschehen zu ermöglichen. Zum Einsatz können auch Kameras an Hubschraubern oder Drohnen kommen.

Begründen Tatsachen die Annahme, dass bei solchen öffentlichen Veranstaltungen oder Ansammlungen Personen innerhalb absehbarer Zeit eine gegen Personen, Sach- oder Vermögenswerte gerichtete Straftat begehen werden oder dass von ihnen sonstige erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit ausgehen, darf die Polizei nach § 57 Absatz 2 SächsPVDG Bild- und Tonaufnahmen oder -aufzeichnungen dieser Personen fertigen. Solche Aufzeichnungen sind grundsätzlich auf die Personen zu beschränken, die durch ihr Verhalten Anlass für die Maßnahme geben; da es in Ansammlungen aber praktisch ausgeschlossen ist, dass Bildaufzeichnungen tatsächlich ausschließlich die »Störer« erfassen, ist die Maßnahme auch zulässig, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden, etwa, weil sie sich im unmittelbaren räumlichen Umfeld der Störer bewegen.

Aufzeichnungen, die nach § 57 Absatz 2 SächsPVDG gefertigt wurden, sind gemäß § 57 Absatz 10 SächsPVDG spätestens nach einem Monat wieder zu löschen, soweit sie nicht zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, zur Geltendmachung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen oder zum Schutz privater Rechte erforderlich sind.

Videoüberwachung zur Aufklärung von Straftaten

Der Einsatz stationärer Videokameras in öffentlichen Bereichen, insbesondere im Grenzbereich, wird im Einzelfall auch auf die Vorschrift des § 163f Strafprozessordnung (StPO) gestützt. Nach dieser Rechtsgrundlage darf die Polizei in Fällen von Straftaten erheblicher Bedeutung Beschuldigte planmäßig beobachten, wenn die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Täters auf andere Weise erheblich weniger Erfolg versprechend oder wesentlich erschwert wäre. Die sächsische Polizei nutzt hierfür auch Videoüberwachungstechnik an öffentlichen Straßen.

Diese Form der Videoüberwachung darf allerdings nur im konkreten Einzelfall und nur auf Anordnung eines Richters bzw. einer Richterin zur Anwendung kommen. Eine solche Anordnung ist gemäß § 163f Absatz 3 Satz 3 in Verbindung mit § 100e Absatz 1 Satz 4 StPO auf höchstens drei Monate befristet (nur in Ausnahmefällen ist eine Verlängerung um bis zu weiteren drei Monaten zulässig).

Eine solche Überwachung auf strafprozessualer Grundlage aus Anlass eines konkreten Ermittlungsverfahrens ist datenschutzrechtlich problematisch, weil ganz überwiegend – tatsächlich nahezu ausschließlich – Bilder von völlig unbeteiligten Personen gefertigt werden, die keinerlei Anlass für ein polizeiliches Tätigwerden gegeben haben und für das Ermittlungsverfahren ohne Bedeutung sind.

Häufige Fragen

Unter bestimmten Voraussetzungen darf die Polizei im Rahmen der Gefahrenabwehr mithilfe von Videotechnik öffentliche Bereiche überwachen. Eine Videoüberwachung kann dabei auf unterschiedliche Rechtsgrundlagen gestützt sein:

  • in oder an sogenannten gefährdeten Objekten (z. B. gefährdete Amtsgebäude oder öffentliche Verkehrsmittel) zur Abwehr von Straftaten gemäß § 57 Absatz 3 Nr. 1 SächsPVDG;
  • an Kriminalitätsschwerpunkten zur Abwehr von Straftaten gemäß § 57 Absatz 3 Nr. 2 SächsPVDG;
  • in öffentlich zugänglichen Bereichen zum Schutz von Leib und Leben gemäß § 57 Absatz 4 SächsPVDG (Bodycams);
  • im Zusammenhang mit öffentlichen Veranstaltungen oder Ansammlungen zur Einsatzlenkung und zur Verhütung von Straftaten gemäß § 57 Absatz 1, 2 SächsPVDG
  • zur Ermittlung im Strafverfahren bei Straftaten von erheblicher Bedeutung gemäß § 163f. Absatz 1 StPO auf Anordnung einer Richterin oder eines Richters.

Der gefahrenabwehrrechtliche Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen erfolgt grundsätzlich offen. Der verdeckte Einsatz von Kameras oder Mikrofonen ist in den oben genannten Fällen gesetzlich nicht vorgesehen. Betroffenen Personen muss es möglich sein zu erkennen, dass die Polizei Videoüberwachung betreibt. Das kann z. B. durch feste Hinweisschilder bei stationärer Überwachung erreicht werden. Bei ortsveränderlicher Überwachung beispielsweise von Ansammlungen können die betroffenen Personen z. B. mittels Lautsprecherdurchsagen und transportabler optischer Hinweise informiert werden.

Der Einsatz biometrischer Verfahren zu gefahrenabwehrrechtlichen Zwecken ist nicht erlaubt; das SächsPVDG bietet keine gesetzliche Grundlage.
Im Rahmen der Strafverfolgung kann im Einzelfall ein auf biometrische Verfahren gestützter Abgleich von erhobenem Bildmaterial mit bereits vorhandenen Lichtbildern zulässig sein.

Siehe auch: »Einsatz eines Programms mit Gesichtserkennung für die Strafverfolgung durch die Polizeidirektion Dresden«, in: Tätigkeitsbericht 2021, 8.2, Seite 199ff.

Die Verarbeitung von personenbezogenen Daten, die im Rahmen einer polizeilichen Videoüberwachung gewonnen wurden, dürfen ausschließlich zu gesetzlich festgelegten Zwecken weiterverarbeitet werden.

Wurden personenbezogene Daten im Rahmen einer Videoüberwachung nach einer der Grundlagen des § 57 SächsPVDG erhoben (§ 57 Absatz 2: bei öffentlichen Veranstaltungen oder Ansammlungen, § 57 Absatz 3 Nr. 1: in oder an gefährdeten Objekten, § 57 Absatz 3 Nr. 2: an Kriminalitätsschwerpunkten, § 57 Absatz 4: in öffentlich zugänglichen Bereichen zum Schutz von Leib und Leben), dürfen diese Daten gemäß § 57 Absatz 7, 10 SächsPVDG ausschließlich zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme, zur Geltendmachung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen oder zum Schutz privater Rechte – insbesondere beim Mangel von Beweisen – weiterverarbeitet werden.

In Fällen einer Videoüberwachung öffentlicher Bereiche aufgrund schwerer Straftaten gemäß § 163f StPO dürfen die erhobenen personenbezogenen Daten nur zu bestimmten Zwecken, darunter zur Gefahrenabwehr, zur Aufklärung von Straftaten sowie zu Beweiszwecken im Strafverfahren weiterverwendet werden.

Wann Daten, die während einer Videoüberwachung von öffentlichen Bereichen gewonnen wurden, wieder zu löschen sind, ist abhängig von der jeweiligen gesetzlichen Grundlage, auf die die Videoüberwachung gestützt ist. Die im Rahmen der Videoüberwachung von öffentlichen Veranstaltungen oder Ansammlungen und gefährdeten Objekten und Kriminalitätsschwerpunkten (Videoüberwachung nach § 57 Absatz 2, Absatz 3 Nr. 1 und Nr. 2 SächsPVDG) erhobenen Daten sind gemäß § 57 Absatz 10 SächsPVDG spätestens nach einem Monat wieder zu löschen, soweit sie nicht zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, zur Geltendmachung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen oder zum Schutz privater Rechte erforderlich sind.

Videoaufzeichnungen von Bodycams sind gemäß § 57 Absatz 7 Satz 3 SächsPVDG nach Ablauf von 30 Tagen automatisch zu löschen, soweit sie nicht zur Verfolgung von Straftaten oder zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme oder der Aufnahme selbst benötigt werden.

In Fällen einer Videoüberwachung öffentlicher Bereiche aufgrund schwerer Straftaten gemäß § 163f. StPO sind die erhobenen personenbezogenen Daten zu löschen, soweit sie nicht mehr für die vorgeschriebenen Zwecke im Strafverfahren erforderlich sind. Weil in erster Linie Daten unbeteiligter Personen erfasst werden, trifft die Polizei bzw. die Staatsanwaltschaft eine besondere Pflicht zur Prüfung der Erforderlichkeit der Daten für die weitere Aufgabenerfüllung. Nicht verfahrensrelevante Daten sind umgehend zu löschen, auch wenn das Verfahren noch nicht abgeschlossen ist (§ 75 Absatz 2 Bundesdatenschutzgesetz, § 14 Absatz 2 Sächsisches Datenschutz-Umsetzungsgesetz).

Betroffene Personen können grundsätzlich gemäß § 92 Absatz 2 SächsPVDG in Verbindung mit § 13 SächsDSUG einen Antrag auf Auskunft über die sie betreffende Verarbeitung personenbezogener Daten an die Polizei richten.

Die Polizei ist allerdings nicht verpflichtet, personenbezogene Daten zu erheben, um einen Auskunftsanspruch erfüllen zu können. Das heißt, dass eine Auskunft grundsätzlich nur dann erfolgt, wenn die Person, die Auskunft verlangt, aufgrund bereits vorhandener Informationen eindeutig einer Bild- und/oder Tonaufnahme zugeordnet werden kann.

Ferner besteht für den Fall, dass Polizeibeamte Bild- oder Tonaufzeichnungen mit einer sogenannten Bodycam anfertigen, eine Mitteilungspflicht der Polizei gegenüber der von der Aufzeichnung betroffenen Person. Personen, welche von einer Aufzeichnung betroffen sind, können gemäß § 57 Absatz 7 Satz 4 SächsPVDG auf Antrag Einsicht in die Aufzeichnung nehmen.

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